Im Oktober 2023 reichten wir 25 Bilder von RGS-Schüler*innen beim Wettbewerb „Junge Kunst für Hanau“ ein. Und obwohl wir sehr darauf gehofft hatten, war es doch eine Riesenüberraschung, als im Dezember die Nachricht kam: Aus fast 400 Wettbewerbs-Einsendungen wurden ca. 80 Schülerarbeiten ausgewählt, zwei davon von uns. Also waren Sofiia Karaieva, Hermine Mensching (10b) und ich am 12.02.2024 nach Berlin gereist, um dort sehr aufregende Tage zu verbringen: eine wunderschöne Veranstaltung aus einem traurigen Anlass.

Abends am Anreisetag wurde ein Empfang für alle Teilnehmer veranstaltet. Dort wurden wir von den Wettbewerbsorganisatoren Clemens Höxter, BDK, und Gabriele Schulz, Deutscher Kulturrat, herzlich begrüßt. Auf dem Podium kamen auch einige geladenen Redner zu Wort: Karim El-Helaifi (das postmigrantische Hilfswerk e. V.), Sanem Kleff („Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“) sowie Serpil Temiz Unvar, die Gründerin der Bildungsinitiative Ferhat Unvar.

Gerade diese letzte Rede berührte die aus ganz Deutschland angereisten Gäste sehr; Frau Unvar ist die Mutter eines der neun Hanauer Opfer, die am 19.02.2020 bei einem rassistisch motivierten Anschlag ihr Leben verloren hatten. Sie gründete eine Bildungsinitiative, welche sich seit dem Tod ihres Sohnes fortlaufend gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzt: „Erst wenn wir nicht mehr über die Opfer sprechen, sind sie wirklich tot,“ sagte Frau Unvar und appellierte an die Jugendlichen im Saal, ihre „enorme Kraft zu nutzen, um die Welt zu verändern.“

Am nächsten Tag, dem 13.02., der eigentliche Ausstellungsaufbau. Die Stellwände und die gerahmten Bilder waren von den Organisatoren schon sorgfältig vorbereitet und aufgestellt worden. Es fehlte nur noch der letzte Schritt: Die Bilder an die Wand zu hängen, die Skulpturen aufzustellen. In unserem Fall war die Hängung unkompliziert.

Nach dem Mittagessen gingen wir gemeinsam durch die Ausstellung, wo Schüler sich gegenseitig ihre Bilder präsentierten. Unter diesem Link können alle Arbeiten der Ausstellung einzeln angeklickt und vergrößert werden: Initiative kulturelle Integration

Am Abend wurde die Ausstellung „Junge Kunst für Hanau“ feierlich eröffnet. Viele geladene Gäste kamen im hell erleuchteten Kulturforum zusammen, um der Hanauer Anschlagsopfer zu gedenken und die Werke der Schüler zu würdigen. Neben den Rednern vom Vortag richteten sich auch Gero Dimter (Vizepräsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz) sowie zwei Schülervertreter, Arian Roth und Luise Kaiser, an das Publikum.

Und natürlich blickten alle auf die Staatsministerin für Kultur und Medien, Claudia Roth, die Initiatorin und Triebfeder dieser Veranstaltungsreihe.

Man merkte gleich, dass das Thema Rassismus im Allgemeinen und der Hanauer Anschlag im Besonderen die Staatsministerin sehr bewegte. Claudia Roth richtete sich mit einer emotionalen Rede an die Jugendlichen. Dabei erinnerte sie sich an die Worte ihres Vaters, die er ihr noch als junges Mädchen mit auf den Weg gegeben hatte: „Die Menschenwürde ist unantastbar,“ hatte Roth den Artikel 1 des Grundgesetzes zitiert, um dann hinzuzufügen: „Nicht die Würde eines heterosexuellen Menschen, eines weißen, reichen oder männlichen Menschen, sondern die Würde jedes Menschen, die Würde von uns allen.“

Anschließend nahm sich die Staatsministerin sehr viel Zeit für die Jugendlichen: Sie ließ sich von ihnen durch die Ausstellung führen, stellte ihnen Fragen, hörte ihnen aufmerksam zu. Wieder war deutlich zu spüren, dass Jugendliche und ihre Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung Frau Roth ein wichtiges Anliegen waren.

Für die RGS-Schülerinnen Sofiia Karaieva und Hermine Mensching war diese Ausstellung eine einzigartige, beinah überwältigende Erfahrung. Sowohl die Staatministerin als auch Frau Unvar schauten sich die Arbeiten der beiden an und unterhielten sich ausführlich mit ihnen. Frau Unvar rührte Hermines Fotocollage, auf der auch ihr getöteter Sohn Ferhat zu sehen ist, sehr.

Doch auch die vielen Gespräche am Rande der Ausstellung; die neuen Freundschaften, die geknüpft wurden und die Großstadt Berlin: All das beeindruckte meine Schülerinnen stark. Später, nach ihrer Heimkehr, erhielt ich ein Feedback von beiden Müttern. Sie waren begeistert von dieser einzigartigen Chance, so viel Neues zu sehen, vor allem aber auch selbst gesehen zu werden. Fast wortgleich – die eine auf Deutsch, die andere auf Russisch – sagten die beiden Mütter, ihre Töchter seien mit leuchtenden Augen heimgekehrt, voller Eindrücke und Inspiration. Ein schöneres Schlusswort für diese Veranstaltung gegen Rassismus und für Diversität kann man sich kaum vorstellen!

Ekatarina Tangian

 

Einen ausführlicheren Bericht finden Sie hier: Kunst-Blog ARTSetc

Einen Film zur Ausstellungseröffnung können Sie unter dem folgenden Link aufrufen: Film zur Ausstellungseröffnung