Wir wollen humanitär, couragiert und nachhaltig agieren: Projekttag am Ratsgymnasium erweitert Horizonte
Schule muss nicht immer nur Unterricht im Klassenraum sein.
Während des Projekttags am Ratsgymnasium beschäftigten sich alle Jahrgänge mit lebensweltnahen Themen wie Nachhaltigkeit, dem europäischen Gedanken oder der Flüchtlingssituation.
In den 5. und 6. Klassen haben die Kinder unter Anleitung ihrer Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer in Gruppen unter dem Slogan „Wir sind Europa“ gearbeitet.
Im 5. Jahrgang wurden die Länder Spanien, England, Griechenland und Frankreich genauer erkundet, wobei die Aufgabe darin bestand, aus sehr viel Bild- und Schriftmaterial eine ansprechende Präsentation zu erarbeiten. Unter einer ähnlichen Aufgabenstellung haben die Kinder des 6. Jahrgangs die europäischen Großstädte und Touristenmagnete Rom, Paris, London und Barcelona untersucht.
In beiden Jahrgänge lag das Augenmerk neben der inhaltlichen Arbeit darauf, dass die Kinder Regeln des Arbeitens in der Gruppe beachten und ein gemeinsames Produkt gestalten und präsentieren.
Der Schwerpunkt in Jahrgang 7 lag in diesem Jahr auf Textilien und dem ökologischen Fußabdruck. Im Tausch-Spiel „Fleisch oder Fahrrad“ ging es um den Kontrast zwischen weniger umweltbewusstem Verhalten und nachhaltigen umweltfreundlichen Lösungen. Tauschen statt Neukaufen verbraucht keine Ressourcen und macht alle glücklich. So lernten die Schülerinnen und Schüler neue Möglichkeiten kennen, wie sie selbst nachhaltig handeln können.
2018 ET1Die 8. Klassen kümmerten sich fokussierter um das Thema nachhaltige Lebensmittel. Fragen wie „Wie viele Lebensmittel landen im Müll?“, „Welche Ressourcen verbrauchen wir bei der Produktion von Lebensmitteln?“, „Was ist virtuelles Wasser?“ u.v.m. wurden gemeinsam geklärt und diskutiert. Auch hier wurden Möglichkeiten zu eigenem nachhaltigem Konsum von Lebensmitteln aufgezeigt und in einigen Lerngruppen praktisch auf dem Stadthäger Wochenmarkt erprobt.
Die 9. Klassen haben sich ebenfalls intensiv mit dem Thema „Nachhaltigkeit“ auseinandergesetzt. Nach dem Versuch einer eigenen Definition durften die Schülerinnen und Schüler verschiedene Unterkategorien (wie Handynutzung, Lebensmittel, Reisen, etc.) unter die Lupe nehmen und ihren Klassenkameradinnen und –kameraden ihre Ergebnisse auf selbst gestalteten Plakaten vorstellen.
Besonders interessant war sicher auch der „Museumsrundgang“, in dem Lerngruppen die Plakate anderer Klassen bewundern und bewerten konnten. Außerdem wurde die Arbeit unter Zeitdruck ein wenig trainiert – denn nur die bereits fertig gestellten Plakate hatten auch eine Chance, den begehrten Klebepunkt der Mitschüler zu bekommen.
Helfen heißt auch manchmal zuhören und diskutieren. Dies taten rund 250 Schülerinnen und Schüler des 10. und 11. Jahrgangs am Projekttag.
Im 10. Jahrgang wurde der Tag mithilfe der Politik-Wirtschaft-Lehrkäfte vorbereitet und durchgeführt. In diesem Jahr war es gelungen, Maik Beermann in die Schule einzuladen und mit ihm eine Podiumsdiskussion im Chorsaal durchzuführen. Diese wurde sinnvoll vorbereitet und verlief fruchtbar, auch weil die SuS, die das Podium besetzten, ihre Sache sehr gut gemacht haben. Herr Beermann war professionell (und damit mitunter auch recht glatt), in einigen Punkten (Streit zwischen CDU und CSU oder der Bewertung von Viktor Orban innerhalb der EVP) aber auch überraschend offen.
Im 11. Jahrgang herrschte zunächst in den ersten beiden Stunden große Aufregung: In einem Boot sitzen zu viele Flüchtlinge. Nicht alle können gerettet werden und so diskutieren die Kurse in einem Rollenspiel beispielsweise, ob das Waisenkind oder doch eher der gut ausgebildete Facharbeiter überleben sollte. Hitzige Debatten, während sich draußen stimmungsvoll ein Sommergewitter entlädt – irgendwie passend.
Im Anschluss daran zeigt die szenische Lesung des Theaters in der List mit Willi Schlüter in der Hauptrolle, die gleichzeitig die einzige Rolle des Stücks ist, wie nah an der Realität das am Morgen durchgespielte Rollenspiel wirklich ist: Als Vito spielt er einen Bootsbesitzer auf Lampedusa, der zunächst voller Vorurteile die Ankunft von immer mehr Flüchtlingen auf „seiner“ Insel beobachtet. Im Laufe des etwa 70-minütigen Stücks wird das Publikum Zeuge seines Sinneswandels, der durch Musik, Videoeinblendungen und Geräusche untermalt und nachvollziehbar gemacht wird.
In der Aula herrscht ergreifende und bedrückende Stille, die sich am Ende in lange anhaltenden Applaus wandelt. Viele sind bewegt von dem Schicksal der humanitären Katastrophe vor Lampedusa und von der Nähe der Problematik, was auch die Aussagen einiger Zuschauer widerspiegeln:
„Schauspielerisch war das wirklich eine tolle Leistung – man konnte sich sehr gut in die Situation einfühlen.“
„Ich hatte zwar mehr als nur einen Schauspieler erwartet, aber trotzdem hat mich das Stück sehr bewegt. Man konnte ihm einfach gut zuhören.“
„Auch wenn es insgesamt für unseren Geschmack etwas lang war, fanden wir es insgesamt richtig gut. Man kennt die Problematik zwar aus der Presse, aber bei diesem Stück hatte man irgendwie das Gefühl, selbst mit dabei zu sein und bekommt einen ganz neuen Blickwinkel.“
„Ich engagiere mich bereits für Amnesty International, aber die heutige Erfahrung zeigt mir noch einmal, dass das eigentlich noch nicht genug ist. Klar, wir Schüler haben vielleicht nicht genug Geld, um große Mengen zu spenden, die dann auch wirklich etwas verändern würden, aber wenn trotzdem jeder von uns etwas tun würde, könnten wir sicherlich etwas bewegen.“
Schließlich wurde nicht nur in dem Große-Pausen-Gespräch mit dem Schauspieler, sondern auch in der Nachbesprechung in den Tutorgruppen noch einmal deutlich: Das Boot ist eben nicht voll! Aber es bedarf vieler helfender Hände, die sich engagiert und couragiert für ein humanitäres Miteinander einsetzen.
Fazit: Ein solcher Projekttag prägt die Schülerinnen und Schüler, aber auch ihre Lehrkräfte mit Sicherheit mehr als 6 Stunden Fachunterricht. Das RGS wird an diesem Konzept festhalten.
Die Schulgemeinschaft und die Schulleitung des RGS danken den Lehrkräften aus dem Europateam, die unter der koordinierenden Leitung von Janine Plünnecke sehr viel Arbeit investiert hatten, um diesen Tag zu einem Erfolg werden zu lassen. Ihre Arbeit hat sich gelohnt.